Gießen(seg). Rirhandu Mageza-Barthel sagt, dass "Black Lives Matter" (schwarze Leben zählen, BLM) das Ziel beschreibt. Und das sieht sie noch nicht erreicht. Am 25. Mai wurde George Floyd in den USA von Polizisten ermordet.
Die Tat hat weltweit Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus hervorgerufen. Auch in Deutschland sind die Menschen trotzt Corona auf die Straße gegangen. Eine virtuelle Podiumsveranstaltung der Reihe "Kontroversen" des Instituts für Politikwissenschaft der Justus-Liebig-Universität hat die Demonstrationen jetzt zum Thema gemacht.
Mageza-Barthel formuliert den Slogan der Protestbewegung lieber als Forderung: "black lives should matter" (schwarze Leben sollten zählen). Die Vertretungsprofessorin für Gender Studies erklärt, dass die BLM-Proteste nicht etwas fundamental Neues sind, sondern an vorangegangene Kämpfe anknüpfen. Das Umbenennen von Straßen, die den Namen von Rassisten tragen, oder die Einforderung von sozialer Teilhabe gebe es schon länger.
Das sieht auch Christoph Panzer so. Der wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Didaktik der Sozialwissenschaften der Uni Gießen erklärt: "Den Protesten geht jahrelange, antirassistische Arbeit voraus."
BLM und die Flüchtlingskrise
Ausgehend von den BLM-Protesten schlägt Dozentin Nadine Black die Brücke von den USA nach Deutschland. Zwar geht die Protestbewegung vom Anti-Schwarzen-Rassismus in Amerika aus. Es gebe aber Ähnlichkeiten im Umgang mit Minderheiten in Deutschland, wenn man sich die Reaktion vieler Menschen während der Flüchtlingskrise anschaue. Um das Verhalten der Menschen zu ändern, sieht Black eine Möglichkeit im Bildungssystem. Bereits in der Grundschule sollen sich Kinder in Selbstreflexion üben. Sie sagt: "Nur wer gut mit sich selbst umgehen kann, geht auch mit anderen gut um."
Auch Panzer sieht in der Erziehung Chancen, den Rassismus zu bekämpfen. Aber er warnt: "Das Bildungssystem ist genauso großer Teil des Problems, wie es Teil der Lösung sein kann." Denn rassistisches Verhalten werde auch erlernt.
Bei den Protesten in Deutschland sieht Panzer ein gefährliches Muster. Es werde von vielen nur der Rassismus in den USA kritisiert, gleichzeitig der Rassismus in Deutschland abgewiegelt. Panzer sagt: "Die Probleme vor der eigenen Haustür werden so kleingemacht."
Bei den Fragen des Publikum spielte die "eigene Haustür" allerdings eine Rolle. Die Redner wurden auf die Vorgänge an der hessischen Lehrkräfteakademie letztes Jahr angesprochen. Deren Leiter Markus Posern ist vorgeworfen worden, rassistische Artikel in der Akademie auszulegen. Das Kultusministerium hatte sich daraufhin eingeschaltet.
Vorgang an der Lehrkräfteakademie
Panzer sagte dazu, dass der Sachverhalt nur bekannt geworden sei, weil Studierende die Vorfälle auch bekannt gemacht und angeprangert haben. Der wissenschaftliche Mitarbeiter betonte: "Das ist total wichtig." Ein ähnlicher Fall sei das Auftauchen von rechtsradikalen Aufklebern und Bedrohungen am Philosophikum II letztes Jahr gewesen. Wenn es zu solchen rassistischen Aktionen komme, seien viele Menschen bereit, sich einzubringen, sagt Panzer. Aber ein Kanal, der sich abseits von Nazi-Stickern für niederschwellige Diskriminierungen interessiere, fehle an der Universität Gießen.
July 17, 2020 at 03:17AM
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Bildung gegen Rassismus | Gießen - Gießener Allgemeine
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